Bratensoße: Köcheln muss sie, ganz lang köcheln
Eine kräftige Bratensoße braucht unendlich viel Zeit, je länger, desto besser. Das ist ein Fakt aus mehr als fünf Jahrzehnten Familienkoch. Ich habe da so eine nicht bestätigte Theorie. Warum gibt es bei uns Schwaben ausschließlich am Sonntag eine Schweine- oder Rinderbraten? Natürlich, weil an schaffigen Werktagen dazu überhaupt keine Zeit findet. Logisch, oder? Am Ende dieses Rezepts werden Ihr mir bestimmt zustimmen, da bin ich mir ganz sicher. Doch jetzt Schritt für Schritt, der Reihe nach zur köstlichen Bratensoße, die meine Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder alle so lieben.
Jetzt heißt es: Zeit lassen und köcheln, köcheln, köcheln. Je länger, desto besser.
Kleine Anmerkung. Im Laufe meiner jahrzehntelangen Entwicklung als Familienkoch, und in besonderem Maße in der jetzigen alluminium-blonden Lebensphase mit einer beginnenden senilen Bettflucht, hat sich dieser (sonntägliche) Ablauf der Soßenproduktion ergeben: Nach der ersten Tasse Kaffee so gegen 8:00 Uhr stelle ich meine Soße auf den Herd. Diese hat dann mindesten vier Stunden Zeit sich zu entwickeln. Den dazugehörenden Braten, Rouladen (dazu mehr im nächsten Blogeintrag) oder den von allen Familienmitgliedern geschätzten Hackbraten brate ich erst viel später in einer Pfanne an und geben ihn je nach Garzeit ein- oder eineinhalb Stunden später in die Soße. Zur Heiterkeit aller hat sich dabei eine Skurrilität bei mir eingeschlichen, denn nicht selten stehe ich als Familienkoch nicht mit Küchenschürze oder dem (einen professionellen Anstrich gebenden) Kochkittel am Herd, sondern im überaus bequemen Schlafanzug. (Fotos davon stehen natürlich unter strengem Verschluss.)
Eine schwäbische Bratensoße muss natürlich die richtige Konsistenz haben, damit sie eine sämige Verbindung mit den Spätzle oder (geschmelzten) breiten Nudeln eingehen kann. Im Supermarkt oder den einschlägigen Fachgeschäften gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Soßenbindern, die ich auch über Jahre verwendet habe. Doch, nach meiner Einschätzung, verändern diese den Soßengeschmack, und um eine sämige Konsistenz zu erreichen, muss man relativ viel dieser Pulver verwenden. Für mich ist reine Speisestärke für das Andicken der Soße die erste Wahl. Ein gehäufter Esslöffel (reicht in der Regel für drei Liter Soße), den man in einer Tasse mit kaltem (!) Wasser verrührt, einfach in die fertige, abgeseihte Soße einrühren. Gibt keine Klümpchen und ist perfekt.
Wer meint, dass er seine Soße noch etwas aufpeppen muss, kann kurz vor dem Servieren noch ein Stück kalten Butter (kein Schreiberfehler, natürlich heißt es DER Butter) oder ein Schuckerle Sahne einrühren – oder beides.